Talk im Tal - ein voller Erfolg

18.11.2019

Bei der Premiere von „Talk im Tal“ im Kleinwalsertal plaudert der ehemalige Skisprung-Bundestrainer Werner Schuster aus dem Nähkästchen der Psychologie. Er verriet, wie der frühere Fußball-Star Giovane Elber bei einem Besuch des FC Bayern München die DSV-Adler auf Olympia 2018 einschwor.

Foto: Dominik Berchtold

Ronald Maior/AZ. Bei der Premiere von „Talk im Tal“ im Kleinwalsertal plaudert der ehemalige Skisprung-Bundestrainer Werner Schuster aus dem Nähkästchen der Psychologie. Er verriet, wie der frühere Fußball-Star Giovane Elber bei einem Besuch des FC Bayern München die DSV-Adler auf Olympia 2018 einschwor. Eine Mission, die glückte: Andreas Wellinger holte in Südkorea Gold und Silber, zudem gab es im Teamspringen Silber. Natürlich ging es aber auch um die Zukunft: nämlich die Nordische Ski-WM 2021 in Oberstdorf.   

Es war der fesselnde Startschuss für eine Talkreihe der außergewöhnlichen Art. 465 Tage vor dem Auftakt der Nordischen Ski-WM 2021 in Oberstdorf verlieh die Premiere von „Talk im Tal“ im Casino Kleinwalsertal dem sportlichen Countdown, der seit der Vergabe läuft, eine emotionale Note. Als Auftakt einer Veranstaltungsreihe hatten der Schiclub Kleinwalsertal und „Prosport“, der Förderverein für Nachwuchs im Allgäu, eine illustre Runde für den sportlichen Talk mit AZ-Sportchef Thomas Weiß zusammengestellt. Einer allerdings stahl allen die Show. Werner Schuster nahm das Casino mit auf eine beeindruckende Reise durch Höhepunkte und über Hindernisse aus dem Leben eines Skisprung-Bundestrainers.

Ich bin in eine Phase zum DSV gekommen, wo im Skisprungdeutschland Anspruch und Wirklichkeit nicht zusammengepasst haben.
Werner Schuster 

Dabei gewährte der 50-jährige Österreicher nach dem Abstecher in die Anfänge seiner Laufbahn tiefe Einblicke in die inneren Kämpfe, die er während seiner fast elfjährigen Tätigkeit als Bundestrainer in Hochphasen wie in Krisen führte. Der gebürtige Oberstdorfer erinnerte an seine Debütstation als ÖSV-Juniorentrainer, wo ihm das „Privileg, jemanden wie Gregor Schlierenzauer begleiten zu dürfen“, erst Jahre später die Tür zum größten Amt seiner Karriere öffnen sollte. „Ich bin in eine Phase zum DSV gekommen, wo im Skisprungdeutschland Anspruch und Wirklichkeit nicht zusammengepasst haben“, erzählte Schuster.

In die Jahre gekommene Leistungsträger, ein mangelhafter Ausbildungsstandard und ein zerstrittenes Trainerteam waren ungünstige Ausgangsbedingungen, die der „Grünschnabel“ Schuster 2008 vorfand. Was hernach folgte, war ein fesselnder, weil emotionaler Exkurs des hochdekorierten Ex-Bundestrainers, mit dem er das Casino in seinen Bann zog. Dabei teilte sich Schuster gelöst, aber sachlich mit – und wurde nicht müde, in regelmäßigen Blickkontakt mit seinen Eltern, die in der zweiten Reihe saßen, zu treten.

Der Tiroler sprach offen über den schlechtesten deutschen Tournee-Start seit 1984, über das „zum Leben erwecken“ der kriselnden Legende Martin Schmitt, über die Vor- und Nachsicht im Umgang mit Journalisten und über sein gespaltenes Verhältnis zu sportlichen Großevents - allen voran zu Olympia. „Das alles ist gar nicht so romantisch, wie man es zuhause vor dem Fernsehschirm erlebt“, sagte Schuster, als er an unbehagliche Zustände in Vancouver oder Sotschi erinnerte. „Es ist nur wichtig, dass man das Ereignis aus sportlicher Sicht nicht größer macht, als es ist.“ Das diente Schuster als Ouvertüre für die prickelnde Anekdote zum Erfolgszug bei Olympia 2018. 

Im Vorfeld der Spiele in Pyeongchang habe er seine Schützlinge während eines Lehrgangs ins Münchner Olympiastadion geladen, wo es unter anderem eine Kabinenbesichtigung mit dem ehemaligen FC-Bayern-Stürmer Giovane Elber gab. Elber schilderte, schwärmte, schimpfte und gab Ratschläge über den Umgang mit Schlüsselmomenten. „Die Jungs hingen an seinen Lippen und dort haben wir uns vielleicht den emotionalen Anker geholt, der uns die Erfolge gebracht hat“, sagte Schuster. Bekanntlich eroberte Andreas Wellinger wenige Monate später Olympia-Gold. 

Hochrangige Gäste in der Runde

Vor Werner Schuster hatten hochrangige Gäste die Kette von der ersten WM 1987 über 2005 und zur kommenden 2021 geschlossen. Nach dem DOSB-Präsidenten Alfons Hörmann, der „voller Stolz auf die Bastion der Allgäuer Athleten“ blickte, schaukelten sich der OK-Chef von 2005 und damalige Bürgermeister Thomas Müller und Oskar Fischer – seinerzeit Sportreferent – mit amüsanten Anekdoten in Stammtisch-Stimmung. Während dem Nachwuchs für „Prosport“ und den Schiclub insgesamt 3000 Euro zusammenkamen, standen die Athleten von heute Rede und Antwort. Telemark-Weltmeisterin Johanna Holzmann und die Hoffnungsträger aus Kombinierer-Sicht, Teamolympiasieger Vinzenz Geiger und Doppel-Junioren-Weltmeister Julian Schmid, blickten voraus auf die heiße Phase der Vorbereitung und den „täglichen Traum von der WM“ zuhause. „Die WM ist das Event für uns alle – und das Ziel unserer Motivation“, sagte der 20-jährige Schmid.

Ziele, der Art Werner Schuster in seiner Laufbahn ebenso viele erreicht wie verpasst hat. Für diese Zeit sei er noch heute „dankbar“, betonte Schuster als er auf die Zielgerade des Exkurses einbog . Sein Kreis schließt sich bei Gregor Schlierenzauer. Der 29-jährige Österreicher, bis heute mit 53 Siegen Rekord-Weltcupsieger, kam nur zwei Tage nach Schusters letztem Weltcup in Planica mit der Anfrage nach Unterstützung auf ihn zu. „Das war eine schicksalhafte Begegnung“, gestand Schuster. „Ich will ihm unter die Arme greifen, ihm helfen.“ Und so wird Werner Schuster womöglich auch 2021, in welcher Funktion auch immer, in Oberstdorf zu Gast sein. Ob an der Schanze, hinter einem Mikro – oder auf der Tribüne mit seinen Eltern.

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