Andreas Bauer: "Wir sind auf dem richtigen Weg"

01.12.2017

Für Bundestrainer Andreas Bauer - Vizepräsident von ProSport - und die deutschen Skispringerinnen beginnt die Weltcup-Saidon in Lillehammer. Warum dem Oberstdorfer vor der Zukunft nicht bange ist

Schon seit einigen Tagen sind die deutschen Skispringerinnen in Lillehammer/Norwegen, um sich in intensiven Trainingseinheiten auf die neue Saison vorzubereiten. Am Donnerstag beginnt auf den Olympia-Schanzen der Winterspiele von 1994 die Weltcup-Saison. Mit Katharina Althaus und Gianina Ernst (beide profitieren von der ProSport-Förderung) sind zwei Oberstdorferinnen dabei. Und auch Cheftrainer Andreas Bauer kommt aus dem Oberallgäu. Er spricht im Interview über den vergangenen Sommer, die kommenden Wochen und die Vorfreude auf die Olympischen Spiele.


Bei der deutschen Meisterschaft vor einigen Wochen gab es mit dem Sieg von Katharina Althaus eine Art Wachablösung an der Spitze. Kam das Ergebnis für sie überraschend?

Andreas Bauer: Nein, es ist gelaufen wie erwartet. Katharina ist ihrer Favoritenrolle voll gerecht geworden. Sie hat ein sehr hohes Niveau gezeigt. Und das ist auch für den Rest der Mannschaft enorm wichtig. An dieser Leistung wird man sich auch im Hinblick auf die Olympischen Spiele orientieren müssen.

Wurden dadurch auch die Rollen von Carina Vogt und Katharina Althaus im Team neu definiert?

Bauer: Das würde ich so jetzt noch nicht sagen. Carina war länger verletzt. Nach dem Teilanriss des Innenbandes musste ihr Knie erst einmal mit einer Schiene ruhig gestellt werden. Sie konnte über zwei Monate gar nicht trainieren. Das ist das Schlimmste für einen Sportler. Carina ist nach wie vor sehr ehrgeizig, eine absolute Siegspringerin. Sie musste in den vergangenen Wochen noch Trainingsrückstand aufholen, war aber zuletzt mit einzelnen Sprüngen schon wieder sehr nah an Katharina dran.

Die Leistungsdichte im deutschen Kader ist mittlerweile sehr hoch. Wird dadurch auch der Druck für die Springerinnen größer?

Bauer: Das stimmt, wir haben im Team ein sehr hohes Niveau, aber dadurch auch sehr hohe Ansprüche. Die Kriterien für den Weltcup sind hart, denn bei den Springen dürfen nur sechs Deutsche an den Start gehen. Und nur wer im Weltcup dabei ist, kann sich für die Olympischen Spiele qualifizieren. Wir haben intern, ähnlich wie die Nordischen Kombinierer, die Qualifikationsnorm für Pyeongchang verschärft. Es reicht nicht mehr, zweimal unter die Top 15 zu kommen. Jetzt sind zwei Platzierungen unter den besten Acht notwendig.

Sie hatten in den vergangenen Wochen das schwere Los, sechs Springerinnen für den Weltcup-Auftakt in Lillehammer auszuwählen ...

Bauer: ... hatte aber auch vier Frauen, die vorab gesetzt waren. Für Lillehammer waren das Carina Vogt, Katharina Althaus, Juliane Seyfarth und Svenja Würth. Sie haben sich das über den Sommer mit Platzierungen unter den besten Sechs verdient. Gianina Ernst und Ramona Straub nehmen die beiden weiteren Plätze ein. Die beiden haben sich in Oberstdorf nach der deutschen Meisterschaft in einer internen Sichtung durchgesetzt. Nächste Woche beim Heim-Weltcup in Hinterzarten ist es schon leichter: Da dürfen zwölf Springerinnen in der nationalen Gruppe ran.

Den Sommer-Grand-Prix haben Sie schon angesprochen. Ihre Springerinnen waren vorne dabei. Ist das ein Gradmesser für den Winter?

Bauer: Es ist zumindest eine Standortbestimmung. Natürlich werden im Winter die Karten wieder neugemischt. Aber wir haben gesehen, dass wir mit unserer Trainingsphilosophie auf dem richtigen Weg sind. Katharina Althaus hat im Sommer in Courchevel mit zehn Punkten Vorsprung vor den beiden favorisierten Japanerinnen gewonnen, auch Carina Vogt war zu diesem Zeitpunkt in bestechender Form. Ich denke, wir sind jetzt auch breiter aufgestellt und haben nicht nur eine Vorzeigeathletin. Wenn mal eine einen schlechten Tag erwischt, haben wir auch ein zweites und drittes Eisen im Feuer.

Das sind beste Voraussetzungen für den Team-Wettbewerb, der in diesem Winter Premiere feiert, oder?

Bauer: Absolut! Da werden wir mit Japan, Österreich und Slowenien zu den Favoriten zählen. Wir haben uns für diesen Wettkampf stark gemacht. Dass das Teamspringen nächstes Jahr bei der WM in Seefeld und dann auch 2021 in Oberstdorf zum Programm gehört, ist für uns schon ein Meilenstein. Irgendwann in den nächsten Jahren wird auch die Großschanze dazukommen, da bin ich mir sicher. Und dann haben die Frauen die gleiche Wettkampfserie wie die Männer.

Geht man als Trainer oder Sportler eine Olympia-Saison anders an?

Bauer: Ich sage immer: Man muss das Rad nicht neu erfinden. Man muss einfach fleißig trainieren. Allerdings verlange ich von meinen Sportlerinnen auch, dass sie hungrig bleiben und innovativ sind. Es geht darum, jede Nische und Möglichkeit auszunutzen, um noch ein paar Punkte mehr rauszuholen.

Olympische Spiele sind für Sportler absolute Höhepunkte der Karriere. Für einen Trainer auch?

Bauer: Ja, natürlich. Ich bin jetzt schon über 20 Jahre im Geschäft, da ist es vielleicht nicht mehr ganz so besonders wie für einen jungen Trainer. Wir waren im Oktober eine Woche im Trainingslager in Pyeongchang und sehr positiv überrascht. Die Wettkampfstätten sind modern und in einem gutem Zustand. Wir haben mit den Südkoreanerinnen auch bei Flutlicht trainieren dürfen. Das war wichtig, denn unsere Wettkämpfe werden – bedingt durch die TV-Übertragungen in Deutschland – erst spät abends stattfinden. Auch unser Quartier haben wir angeschaut. Jetzt wissen wir, was uns erwartet. Die Vorfreude ist riesig!

Textquelle: Stephan Schöttl, Allgäuer Anzeigeblatt, 29.11.2017

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